Wo wohnt die Freiheit in der Kirche
Wo wohnt die Freiheit
in der Kirche?
Ja, wo wohnt sie, wo läßt sie sich finden und schmecken: Viele stellen diese Frage und zwar meist mit allen ihnen zur
Verfügung stehenden Pathos: Wo wohnt die Freiheit in der Kirche? Dabei ist die
Antwort so einfach. Neiget Euer Ohr und ich will Euch kund tun! Also: Wo wohnt
die Freiheit in der Kirche? And the answer is: Ganz hinten!
Ganz hinten, da wo gestandene Männer stehen - wie ja schon
das Wort gestandene Männer nahe legt – und sich nicht in Bänke zwingen und zwängen lassen.
Ganz hinten, wo – wie übrigens im Konzertsaall auch - immer die Schwerhörigen
sitzen und sich lautstark beschweren, daß sie nichts verstehen, oder doch
zumindest aufgrund des kaputten Hörgerätes lautstark schreiend flüstern.
Hinten, wo man zu spät kommen darf und wo es üblich ist, daß
man schon nach dem Vaterunser geht. Dort sitzt einer die ganze Messe lang träge
herum, aber hier darf auch der Tradi die ganze Messe knien. Keiner guckt
den anderen schief an, weil hier der
Gott der Freiheit, angebetet wird, der uns aus Ägypten dem Hause der Knechtschaft,
Bürgerlichkeit und Bevormundung heraus geführt hat und uns trockenen Fußes
durch das Rote Meer geleitet hat.
Hier trifft die polnische Gr0ßfamilie die afrikanische
Großfamilie. Keiner kennt sich, keiner kann den anderen verstehen. Aber alle
fühlen sich eins in der unendlichen Freiheit der einen Kirche.
Hier hinten,
wo der Charismatiker auch schon mal die Hände erhebt, wo Du
auf dem Boden knien oder eine Proskynese vollführen darfst, während dein
Nachbar den Rosenkranz betet.
Kurz gesagt: Hinten, wo sich der ganze bekloppte Zoologische
Garten des Lieben Gottes trifft, sich versammelt, sich sein wöchentliches Stell
Dich ein gibt, seinen Festkommers abhält
Hinten – da wo ich sitze, stehe oder knie, wie es mir eben gerade
so gefällt, während ich dem schaudererregenden Mysterium der Fleischwerdung
Christ beiwohne und der junge Kerl neben mir die Mädchen angafft. Oder
vielleicht war es sogar gerade andersherum! Wo ich schon mal statt der Predigt
zu lauschen, lieber im Gebetbuch oder im mitgebrachten hebräischen Psalter lese.
Hinten, wo ich Teil des bekloppten Zoos sein darf und gerne bin.
Fürwahr hier wohnt die Freiheit und birgt mich – nein, birgt
uns - mütterlich unter dem Schatten Ihrer Flügel!
Deo gracias – Hallelujah – Hallelujah!
Labels: Hehre Litteratur, Liturgie, Menschheitsfragen
7 Comments:
ui, noch einer aus dem Tiergarten des lieben Gottes, der bevorzugt hinten sitzt;)
Thanx!
Ach Herrje, die Anarcho-Fraktion wird auch noch munter ... ;-)
Aber wunderbar treffend beschrieben! Danke!
Amen, brother!
und noch ein Anarchokatholik muss zustimmend grunzen!
auch wenn ich mich trotz allen hinterbänklerischen anything goes' immer wieder dabei ertappe, gehässige Gefühle zu entwickeln, wenn ich Brüder und Schwestern sehe, die, hätten sie denn weiter vorne einen Platz bekommen, durchaus brav sich zur Wandlung niedergekniet hätten, sich nun aber, obgleich jung und gesund aussehend, zu fein sind, sich auf den Marmorboden herunterzulassen...
Nee, die Freiheit sitzt ganz vorne:
wo die Familien mit den kleinen Kindern sitzen. Da ist der echte Zoo.
Wo man immer ein Taschentuch vom Nebenmann bekommen kann und die nebenfrau bei der Kommunion sagt "Gehen Sie nur, ich übernehme hier einen Moment!".
Grandioser Artikel, dilettantus. Ich schließe mich Scipio mit dem "Amen, brother" an.
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