Vorkarnevalistische Positionsbestimmung
Stellen
Sie sich vor, Sie kommen (wie ich) vom Rhein und haben (wie ich) mit Karneval
nicht viel am Hut. Ich weiß, das ist eine seltsame Kombination, aber wie mein
Beispiel lehrt, doch immerhin prinzipiell im Rahmen der Möglichkeit.
Insbesondere Umzüge und der Sitzungskarneval langweilen Sie zutiefst.
Irgendwann dämmert dann ganz weit hinten in ihrem Kopf der Gedanke auf, eigentlich gibt es
nichts so Schlimmes wie den Karneval. Doch noch bevor die Wolken dieses
Gedankens sich verfestigt haben, wird Ihnen das Gegenargument begegnen. Das
fleischgewordene Gegenargument zur These „Karneval ist das Schlimmste
überhaupt“ ist - der Karnevalshasser. Unabhängig zu welcher Untergattung er
dabei zählt, ob es der fromme Protestant ist, dem das Ganze zu katholisch und
zu leiblich ist, ob es der Zeuge Jehovas ist, der Feiern an bestimmten Terminen
sowieso schon für böse hält oder ob´s der wohlsituierte Bürger ist, der vor dem
tobenden Pöbel auf die einsame Skihütte flieht, alle verbindet sie eins: der
moralinsaure Ton und der Blick, der
gleichzeitig traurig-entsetzt und arrogant ist. Sie können mir nicht folgen?
Spielen Sie bitte kurz in Gedanken mal Folgendes durch – und ich kenne von
diesen Menschen keine Äußerungen zum Thema Karneval, das heißt, auch ich muß
somit dieses Spiel mit Ihnen zusammen spielen – also stellen wir uns vor: Eugen
Drewermann wird zum Thema Karneval befragt. Was wird der wohl sagen? Sehen Sie,
genau das meine ich!
Von hier
Labels: Hehre Litteratur
1 Comments:
Aus dem Kevelaerer Blatt in dieser Woche (und aus der Feder des Verfassenden):
Im „Islamischen Staat“ wird kein Karneval gefeiert. Bei uns schon. Ist Karneval ein europäischer Wert? Ein abendländischer gar, so daß es angezeigt wäre, nicht nur trotzig im Advent „Alle Jahre wieder“ in die Kameras zu grölen, sondern jetzt auch „So ein Tag, so wunderschön wie heute“, um so dem islamistischen Terror die Stirn zu bieten?
Tatsächlich ist der Karneval ein „Kind“ des Christentums, so wie die Universität, die Gotik, die Aufklärung. Tatsächlich gibt es den Karneval – wie übrigens auch den Blauschimmelkäse – nur im christlichen Abendland und seinen kolonialen Ausläufern.
Der Karneval geht liturgisch aus dem Osterfest und der ihm vorangehenden Fastenzeit hervor: Das (alte) Fett (Wintervorrat) muß vor der Fastenzeit weg, denn in der 40tägigen Bußzeit verzichtet man auf Fleisch (einschließlich Eier), und zu Ostern gibt es bereits Neues und Frisches zu essen.
Geistlich kommt Karneval aus der Osterfreude: Der Humor, vor allem die Kunst, sich selbst lächerlich zu machen (Kostüme) und darüber zu lachen, ist zutiefst christlich, denn wenn Gott Mensch geworden und den Tod besiegt hat, haben wir allen Grund zum Lachen. Sicher gibt es auch in anderen Kulturen Humor. Es ist aber historisch verbürgt, daß die Missionare, die das Christentum zu den Germanen brachten, diese die Kunst aufrichtigen Zuhörens und des Humors lehrten. Übrigens erfanden sie auch das Wort „Barmherzigkeit“, das es vor der Christianisierung in der deutschen Sprache nicht gab...
Ein indischer Priester hat mir erzählt, daß bei einer Kreuzwegprozession in seiner Heimat ein Darsteller, der einen römischen Soldaten spielte, etwas zu heftig auf den Jesusdarsteller eingeschlagen hatte, worauf dieser, unter die Kreuzeslast gebeugt und mit Dornen gekrönt, ihm zuzischte: „Wir sehen uns nach dem Kreuzweg.“ Das ist christlicher Humor.
Bitte feiern Sie als Christ gerne, bewußt und dankbar Karneval.
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