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Was so wichtig ist zwischen Vatikan und Niederrhein

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    20.8.18

    Von Haute cuisine und Liturgie


    Und immer reden sie
    Von Haute cuisine und Liturgie

    (Eine Polemik die ich besser nicht am Beispiel  geschlechtlicher Vollzüge geschrieben habe)

    Kann man die gepflegte Küche und ein gutes Restauranterlebnis mit Liturgie vergleichen? Lassen Sie uns das einmal versuchen, denn es handelt sich ja immerhin um zwei wichtige abendländische Kulturvollzüge.

    Eigentlich kam ich darauf durch unser aller Vater Walterspiel, den angesagten Koch Deutschlands zwischen 1910 und 1960. Er schreibt:
    „Der wirklich gebildete Gast will nie auffallen. Kommt er allein, so beabsichtigt er nichts anderes als gut zu essen und dabei ungestört zu sein“[1]

    Und das brachte mich zum Nachdenken.

    Im Folgenden liste ich einfach mal ein paar diese Gedanken auf. Ich erhebe dabei zunächst keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Argumentationsstruktur und wenn die „Schwarmintelligenz“ mir in Kommentaren und Ergänzungen helfen will, ist sie herzlich willkommen.

    Das Personal

    Walterspiel beschreibt bis in äußerste das Personal einer Kochbrigade bis hin zum Topfputzer. Jeder tut das, was genau und gerade er tun muß und im Ablauf auch nur er tun kann. Denken wir doch einmal, welches Personal zu einer würdigen Liturgie benötigt wird (und ja ich weiß, daß es im Notfall auch ein Priester mit Ministrant im Geheimversteck sein kann). Diakon, Kantor, Küster, Ministranten, Organistin, Priester, Putzkraft - hier abecelich genannt - sollen das tun, was sie tun müssen. Keinem ist geholfen, wenn zum Beispiel der Priester Gitarre spielt und die Organistin schweigt.

    Einfach und Kurz

    „29. Nach der Begrüßung der Gemeinde kann der Priester oder ein anderer die Gläubigen ganz kurz in die betreffende Messfeier einführen“ (Allg. Einführung In das Messbuch). Entscheiden ist „kurz“ und „kann“. Sowie der Kellner zum Tisch kommt, den Teller an seinen Platz stellt und einfach „Kalbsbries an Rhabarbercurry“ sagt, besteht bei der Vorbereitung des Mahles kein Grund zu ausschweifenden Erklärungen.

    Ruhe versus Gerede

    Man könnte sagen, das ist doch eigentlich derselbe Punkt wie der vorherige. Nun Gerede ist natürlich auch ein Gegenteil zu Kürze und Einfachheit; aber vor allem ist Gerede das Gegenteil von Ruhe. Man stelle sich nur vor, der Kellner, die Sommeliere stehen administrierend am Tisch und sie kommentieren und weisen an: Jetzt nehmen wir das Messer und schneiden - dann führen wir die Gabel zum Mund -  nun schmecken wir voller Freude Röstaromen. Flucht wäre das einzige, was bliebe. Aber erleben wir das nicht andauernd in der Messe. Anweisungen - teils verbaliter („Wir bleiben sitzen“!), teils mit herrischer Geste häufen sich und der Anweisung und Erklärungen ist kein Ende. Dieses Jahr Fronleichnam erlebte ich sechs[2] Predigten, wohlgemerkt vor beginn der Prozession.

    an

    Was spricht nun gegen die harmlose Präposition. Ihr Gebrauch in falschen Zusammenhängen! Rebbe, wann kommt der Messias? Nu, wenn auf deutschen Speisekarten das Wort „an“ verschwunden ist.  Nein, ich möchte einerseits kein Wurstcarpaccio indisch an frittierten Kartoffelstäbchen. Aber ich möchte auch nicht aufgefordert werden, diesen Gedanken oder dieses Gefühl an mich ´ranzulassen.

    Liturgiereform

    Ab und zu will man es halt neu machen, oder anders formuliert: zu den Ursprüngen zurück. Die Gefahr ist, daß das Pendel in die andere Richtung ausschlägt. Zum Nachdenken seien hier zwei kulinarische Liturgiereformen des 20ten Jahrhunderts genannt. Als man um das Jahr 1970 feststellte, daß die Traditionellen Gerichte, die stark an Arbeit in Fabriken und der Landwirtschaft orientiert waren nicht nur zu schwer, sondern oft auch zu uniform waren, kam es zur Bewegung der Nouvelle Cuisine. Leichtere Gerichte, regionale Produkte waren z.B. die Folge, aber auch zum Teil absurd kleine Portionen. Alles in allem durchaus ein Gewinn für den Gaumen. Ganz anders die absurden Exzesse der Molekularküche. Durch extreme Veränderung der Haptik ist der Genuß extrem weit von den Vollzügen eines traditionelles Mahles entfernt. Möge wir bei Liturgiereformen und deren Vollzügen aus diesen Beispielen lernen.

    Pommesbude und Freikirche

    Manchmal kann es kein großes Essen sein und es geht auch eine Pommesbude. Man muß dabei sogar bedenken, daß das Ur-fastfood: Fish & chips in Bezug auf die Versorgung mit Proteinen (Fisch) und Vitaminen (Kartoffel) ja  ein Fortschritt in der Massenernährung war.

    Manchmal kann es keine feierliche Liturgie sein und dann schlägt die Stunde der Freikirchen. Man muß dabei sogar bedenken, daß das Urdokument unseres Glaubens die Bibel, auch und gerade dort geschätzt wird.

    Trotzdem ist der Imbiß auf Dauer kein Ersatz für gepflegtes Essen.

    Vielleicht ist aber heute - und ich ergänze ausdrücklich ein „leider“ -, wenn keine Möglichkeit besteht eine würdige Liturgie zu erleben, der Glaube in einem Bibelkreis besser zu leben.


                               


    [1] Alfred Walterspiel, Meine Kunst in Küche und Restaurant  -  Erfahrungen eines internationalen Kochs, München 1981 (posthum), S.26
    [2]  Vor dem Kreuzzeichen, nach dem Kreuzzeichen, nach dem Evangelium (eigentlich verblüffend), zu den (statt der)Fürbitten, vor dem Vaterunser, vor dem Friedensgruß

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