Im Kloster
Nachdem ich eine kurze Woche in der Abtei Mariawald/Eifel verbracht habe, hier nun endlich die Reflexionen!
Also wie es sich für einen Dilettanten gehört: wirr zur Sache!
Nun ich war schon öfter für einige Tage in Klöstern, z.B. in Gerleve oder Chevetogne - der eigentliche Unterschied ist, daß Mariawald in Zisterziensischer, genauer Trappistischer Tradition steht. Was heißt das? Auf den ersten Blick es ist ein Kloster, wie es sich der Spiegelleser vorstellt: Vor 4.00 Uhr aufstehen, kein Fleisch bei den Mahlzeiten etc. - doch sehen wir genauer hin:
Großer und rationaler Klosterbetrieb
Zum Trappistenbetrieb gehört Handarbeit. Sich nur auf Bildungshäuser, Forschung etc. zu beschränken ist nicht vorgesehen. (anders als in vielen großen Benediktinerabteien). Das führt dazu, daß die Klosterfläche sehr groß ist. Da das Kloster Forst- und Fleischwirtschaft betreibt, einen Likör braut, Kosmetik und Süßigkeiten vorstellt, ist die Fläche der Arbeitsgebäude im Verhältnis zur Zahl der Mönche deutlich größer als z.B. in Chevetogne - mit immerhin Doppelt so vielen Mönchen - oder als in Gerleve (mit der ca. vierfachen Zahl). Dazu kommt ein aus historischer Sicht witziger Punkt: Um das Kloster ist der Nationalpark Eifel, dieser wird gerade systematisch verwildern gelassen um die Einheimische Flora wiederzugewinnen. Wir haben also ein Bild wie im Mittelalter: Der Urwald ringsum - der rationale Klosterkomplex in der Mitte.
Konsequente Zeiteinteilung
Auffällig ist die Zeiteinteilung: Während in den meisten Konventen Gebetszeiten zusammengefaßt werden, zumindest gerne Vigilien und Laudes (Chevetogne geht da - allerdings unter ostkirchlichem Einfluß - zum Teil noch viel weiter), finden in Mariawald die Gebete nicht nur alle statt, sondern auch alle möglichst an ihrer Zeit. Da ist dann halt zwischen Vigil und den Laudes zwei Stunden Pause und so beträgt die längstmögliche zusammenhängende Arbeitszeit für Mönche dann höchstens drei Stunden und aufgrund der relativ vollständigen Chorpräsenz ist auch nicht mit protestantisierenden Arbeitsexzessen zu rechnen.
"karge", marianische Liturgie
Für Liturgieästheten ist der zisterziensisch Weg zuerst einmal eine leichte Enttäuschung: die Kirche karg, kein Turm nur ein Dachreiter (alles durch die Regel vorgeschrieben), die Liturgiesprache fast vollständig deutsch (außer bei den Chorälen der Messe -> nächster Punkt), aber dann entdeckt man doch auch die Reize und sagen wir Konsequenzen: Im Chor gibt es keine Kniebänke, d.h. Knien ist halt so bequem oder unbequem, wie es an sich ist. Die Glockensignale werden mit Seilen aus der Kirche gegeben; wie schwer muß es sein vor den Sonntagsnachmittagswanderern Pathos und Theatralik zu verhindern? Und die Kargheit führt augenscheinlich zu einer gewissen Unbekümmertheit, z.B. anderswo aufgebauschte Fragen wie Hand- oder Mundkommunion, im Stehen oder Knien, spielen keine Rolle: Alles kommt im Konvent und in der kleinen Restgemeinde vor.
Eine weitere Folge der Kargheit ist wohl die Stille, oder volkstümlich ausgedrückt: Die Jungens haben die Ruhe weg! So dauert die Werktagsmesse ohne Predigt und viel Gesang locker eine Dreiviertelstunde. Die Vigilien - ohne Laudes (!), dafür mit zwanzig Minuten Stille nach der ersten Lesung fünf Viertelstunden.
Die Kargheit ist dann sofort vorbei, wenn es um die Gottesmutter geht: Die marianischen Versikel und Antiphonen sind auf Latein und nach der Komplet ist ist das salve regina natürlich jeden Tag in der Zisterziensischen Langform! Gewöhnungsbedürftig ist der Beginn der Horen: Vor Herr öffne meine Lippen, Kreuzzeichen o.ä. steht grundsätzlich ein Mariengruß!
Zisterzienserchoral
Er enthält einige Archaismen und Besonderheiten über die ich hier nicht viel schreiben will, eins fällt aber ins Auge: Die Strenge mit der Melismen besonder am Schluß vermieden werden. Ein Beispiel
so gregorianisch. Im OCist-choral endet das ganze mit einem (!) Ton auf dem letzten -num. Das ganze anschließende Melisma entfällt!
Wer sich hörtechnisch informieren will, muß wohl das hier erwerben.
Klöstergemeinschaft
Ein letzter Punkt: Während die alten Benediktiner Klöster selbstständig sind, sind die Trappisten doch stärker gemeinschaftlich organisiert. Woran sieht man das? Nun am Klosterladen, der anders und gegen die oft esoterische Klosterladenwelle, nahezu ausschließlich Trappistenprodukte verkauft und die relativ preiswert. Dasselbe gilt auch für die Klostergaststätte, doch der Abschluß soll den Mitbringseln dienen....
Voila:
Labels: Liturgie, Maria, Mittelalter
3 Comments:
Endlich mal was aus der Gegend des westlichen Deutschlands was ich kenne! Na ja, zumindest Gerleve - 3 Monate lang hab ich das Kloster vom Rande Coesfelds aus immer im Blick gehabt, leider nur nie dagewesen. Dafür aber in Billerbeck (ist das jetzt richtig geschrieben)- wenn mich nicht alles täuscht gibts da doch zwei recht gegensätzliche Kirchenbauten, was das Alter betrifft, oder?
Billerbeck hat St.Johannes (könnte knapp noch Romanik sein - der Westfale war immer spät dran!) und natürlich den Dom - fetteste aber durchaus gelungenen Neugothik!
Mariawald ist klein geworden in den letzten Jahren; schade;aber ich denke V. Abt Josef hat das Zeug dazu, "den Laden wieder in Schwung zu bringen";
Bernhardin Schellenberger früher mal Prior des Klosters hat einen schönen Bildband mit berührenden Schilderungen des genuinen Trappistenlebens vor den postkonziliaren Veränderungen herausgegeben
"Die Stille atmen"- Mein Leben als Zisterzienser.
Was mich angeht der OCSO bleibt mein Liebelingsorden. Vielleicht besuchst Du einmal Novy Dvur in Tschechien, dort erlebst Du ein aufstrebendes Trappistenkloster, wie man sich's wünscht....
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